Aufstieg und Untergang der Gryffeburg

Was geht im Mittelalter?
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Norbert von Thule
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Aufstieg und Untergang der Gryffeburg

Beitrag von Norbert von Thule »

Erster Akt (9. April 2011):
Ritterspiele im Gryffetal

Mittelalter-Bereich im Vogelpark vorgestellt

Edle Recken Bauern und Knechte hatten am Wochenende alle Hände voll zu tun im Vogelpark Steinen . Gemeinsam ging es auf eine bemerkenswerten Zeitreise ins "Gryffetal". Im Nordteil des Parks wurde erstmals der Mittelalter-Bereich präsentiert.

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(Fotos: Jürgen Hege)

Das Mittelalter ganz intensiv erleben durften die Gäste von Parkchef Gisbert Kasten senior und seines Pächters Andreas Groß am Samstag und am Sonntag. Manche begnügten sich damit nicht. sondern beschlossen in entsprechenden Kostümen selbst Teil der abenteuerlichen Inszenierung zu werden unter der Regie von "MCTS", der neu gegründeten Firma, von Andreas Groß.
"Elfenschmiede" heißt der Eingangsbereich zum Abenteuerland mit seiner Arena, dem Heerlager, der Schänke, dem Streichelzoo, einem Kinderspielplatz, Grillplätzen und Wassertretstelle. Hier gibt’s alles, was die Herzen der Fans einer längst vergangenen Zeit begehren könnten. Kettenhemden, Schilde, Schwerter, Klamotten für alle Stände oder Met werden in der ehemaligen Tropenhalle angeboten für Euros, die ab hier "Taler" oder "Gulden" heißen. Die schnöde Grillwurst mit Pommes wird zum "Gaumenschmaus", den man sinnigerweise nicht um 12.15 Uhr, sondern etwa "15 Augenblicke nach Mittag" einnimmt. Dazu "süffelt man aus Becherlein gefüllet mit dem gar köstlich Saft der Kola Nuss, welcher ist vermischet mit den magisch perlend Bläslein aus der modisch Alchymistenküch"" oder einfach ein paar Schluck Met, wenn man den Lockrufen zu widerstehen vermag: "So kommet näher, auf dass ihr die Feinheiten meiner Ware in Augenschein nehmen könnt. So fern wie ihr steht, könnten euch sonst die Augen aus dem Kopfe rollen."
Den Spaziergang durch das Heerlager umrahmen wilde Klänge aus den Instrumenten der Bands "Streuner" oder "An LÁ¡r" und humorvolle Texte talentierter Barden, die rufen: "Wer jetzt noch nicht lustig ist, hat selber schuld." Zur ersten Stunde nach Mittag (also um 13 Uhr) werden die Gäste zur Arena beordert, wo sie Zeugen werden vom immerwährenden Kampf Gut gegen Böse um Macht und um die Zuneigung einer blonden "Kriegerin", die mit ihren Rittern Exerzitien zu bestehen hat und sich am Ende auf die Seite des (guten) Siegers schlägt.
Zwischen akrobatischen Spielchen zu Pferde und auf Stelzen, die das "Volk" auf den Rängen vom Herold ausführlich erläutert bekommt, gibt"s natürlich die üblichen Vorführungen im Vogelpark. Die Flugshow der Greifvögel fehlt im mittelalterlichen Ambiente des neuen Vogelparks ebenso wenig wie die Fütterung der Pfauen und Berberaffen, die vor allem die Kinder ungemein fasziniert.

Kein Zweifel: durch den Bereich Mittelalter Erleben hat der Park zwischen Weitenau und Schlächtenhaus an Attraktivität gewonnen. Ob sich das Mittelalter unterhalb der Hofener Kirche etabliert, ob Andreas Groß Ideen von Kinderferienlagern, von Bogenbaukursen oder Musikveranstaltungen in der Arena Früchte tragen, wird sich spätestens dann zeigen, wenn die fliegenden Händler vom Wochenende mit ihren Vorführungen alter Handwerkskunst, wenn Fahrensleute, Turnier-Ritter, Gaukler und Musikanten ihre Zelte abgebrochen haben und das Mittelalter im Vogelpark zum Alltag wird. Ein vielversprechender Anfang wurde unter idealen äußeren Voraussetzungen schon mal gemacht.
(Quelle: Badische Zeitung)

Zweiter Akt (31. August 2011)
Das Gryffetal im Vogelpark ist insolvent

Betreiber beklagt zu geringe Einnahmen / Investor gesucht.

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Foto (Bergmann): Die Wege von Andreas Groß (rechts) und Gisbert Kasten trennen sich, der Mittelalterbereich im Vogelpark Steinen ist insolvent.

Nach wenigen Monaten nur steht der Mittelalterbereich "Gryffetal" im Vogelpark Steinen vor dem Aus: Dieser Tage hat Geschäftsführer Andreas Groß für die Betreibergesellschaft MCTS e.k. Insolvenz beim Amtsgericht Lörrach angemeldet. Die verzögerten amtlichen Genehmigungen hätten dazu geführt, dass in diesem Jahr im Mittelalterbereich keinerlei Seminare mehr angeboten werden konnten, schreibt die MCTS in einer Pressemitteilung. Damit sei eine wichtige wichtige Einnahmequelle weggebrochen. Allein aus den Parkeinnahmen ließen sich die Kosten des Mittelalterbereichs nicht decken. "So kommen wir nicht durch den Winter", erklärte Andreas Groß am BZ-Telefon, der das Projekt zum Teil über sein Privatvermögen, zum Teil aus Krediten finanziert hat. Nicht vorhersehbar seien außerdem die extrem hohen Investitionen in die Infrastruktur gewesen. So habe er beispielsweise eine neue Drainage verlegen müssen. Gemeinsam mit dem Freiburger Insolvenzverwalter Thorsten Götz ist Andreas Groß jetzt auf der Suche nach einem Investor, der bereit ist, das Konzept zu übernehmen und den Mittelalterbereich fortzuführen. Die Zeit drängt: Bis in vier Wochen müsse ein neuer Investor gefunden sein, so Groß. Die bislang geplanten Eventveranstaltungen, wie etwa die Keltenspiele am kommenden Wochenende, sollen wie geplant stattfinden. Vogelpark-Chef Gisbert Kasten findet die "Entwicklung bedauerlich", legt aber Wert auf die Feststellung, dass der Vogelpark von der Insolvenz der MCTS nicht betroffen ist.
(Quelle: Badische Zeitung

Dritter Akt (Heute):
Insolvenz

Vogelpark künftig ohne Mittelalterbereich?

Kein Ritter in Sicht fürs Gryffetal: Insolvenzverwalter sieht wenig Chancen, einen Investor für den insolventen Mittelalterbereich im Vogelpark zu finden.

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Foto (Silke Hartenstein): In der Falle: Für den insolventen Mittelalterbereich im Vogelpark gestaltet sich die Suche nach einem Investor schwierig.

Dunkle Wolken über dem Gryffetal und keine Aussicht auf Sonnenschein. Drei Wochen nach der Eröffnung des vorläufigen Insolvenzverfahrens ist nach wie vor kein Investor in Sicht, der den liebevoll gestalteten Mittelalterbereich im Vogelpark Steinen unter seine Fittiche nehmen möchte. Bis höchstens Ende Oktober will Insolvenzverwalter Thorsten Schleich (Freiburg) noch warten, dann muss das förmliche Insolvenzverfahren der Mitelalter Conventions MCTS e.k. unter dann deutlich schlechteren finanziellen Voraussetzungen für die bisherigen Betreiber eröffnet werden.
Leer ist es in der früheren Tropenhalle, die jetzt dem Mittelalterbereich als Verkaufsraum dienen soll. Die Ritterhemden und Plastikschwerter, der Schmuck und die Bücher liegen unberührt in den Regalen. Und auch in das noch immer nach frischem Harz riechende Mittelalter-Dorf mit seinem imposanten Palisadenzaun verirrt sich an diesem späten Vormittag kein einziger Besucher. Seit die Betreibergesellschaft MCTS Ende August Insolvenz angemeldet hat, scheint das Areal ”“ immerhin die Hälfte der Fläche des früheren Vogelparks ”“ in einer Art Dornröschenschlaf zu versinken.
Dabei laufen hinter den Kulissen nach wie vor die Bemühungen, den erst im April als neue Attraktion des Vogelparks eröffneten Mittelalterbereich zu retten. Doch bei der Suche nach einem Investor ist man bislang noch nicht fündig geworden. "Das ist aber auch so kurz vor dem Ende der Saison eine denkbar ungünstige Zeit", sagt Florian Goetz, der den Gryffetal-Fall als juristischer Berater für Insolvenzverwalter Schleich betreut. Sollte sich in der durchaus überschaubaren Mittelalter-Szene ein potenzieller Geldgeber finden, müsste dieser nämlich zunächst einmal bereit und in der Lage sein, die Zeit der Schließung des Vogelparks (November bis März) ohne Einnahmen zu überdauern.
Allzu lange werde der Insolvenzverwalter aus rechtlichen Gründen aber nicht mehr mit der Eröffnung des förmlichen Insolvenzverfahrens warten können, so Goetz. Das Problem in diesem Fall aus Sicht des Insolvenzverwalters: Betreiber Andreas Gross und seine Mitarbeiter haben auf dem vom Vogelpark gepachteten Areal zwar Unsummen investiert ”“ die Rede ist von einem mittleren sechsstelligen Betrag ”“ und damit auch Vermögenswerte geschaffen. Das Geld steckt aber größtenteils in "nicht beweglichen Teilen", sprich beispielsweise in der extra eingebauten Drainage, im Palisadenzaun in den komplett renovierten Gebäuden oder auch in der neugebauten Reitarena. Findet sich kein Investor, wären alle diese Vermögenswerte nur einen Bruchteil dessen wert, was sie bei einem Weiterbetrieb wert wären. "Das ist schon eine enorme Diskrepanz", erläutert Jurist Goetz. Deshalb lege man sich auch so fieberhaft ins Zeug, in letzter Minute noch einen Investor aus dem Hut zu zaubern.

Raus aus der ganzen Sache ist ”“ egal wie das Insolvenzverfahren schlussendlich ausgeht ”“ in jedem Fall MCTS-Geschäftsführer Andreas Groß. Für ihn ist mit dem Scheitern im Gryffetal ein Lebenstraum geplatzt. Zugleich bedeutet die Insolvenz eine enorme finanzielle Bürde für den 50-Jährigen. Er hat sein gesamtes Privatvermögen investiert und hohe Kredite aufgenommen. Nun steht er vor einem Scherbenhaufen. "Wir waren wohl etwas zu naiv", übt sich Groß im BZ-Interview (siehe rechts) in Selbstkritik. Die Kombination aus unerwartet hohen Investitionen und dem Fortfall fest eingerechneter Einnahmen durch die nicht realisierten Seminare haben dem ambitionierten Projekt in einem so kurzen Zeitraum das Genick gebrochen.

Betroffen von der Insolvenz sind aber nicht zuletzt auch die 14 Mitarbeiter der MCTS, die jetzt ohne Job dastehen. Für den Vogelpark stellt deren Betreiber Gisbert Kasten klar, dass die Insolvenz des Pächters für den eigentlichen Vogelpark direkt keinerlei Auswirkungen hat. Gleichwohl ist dem Vogelpark die groß angekündigte neue Attraktion abhanden gekommen, mit der die Freizeiteinrichtung neue Besucherschichten anlocken wollte. "Die Erwartungen haben sich wohl für beide Seiten nicht so recht erfüllt", kommentiert Insolvenz-Experte Florian Götz die Tragödie im Gryffetal.
(Quelle: Badische Zeitung)


Epilog:
"Wir sind zu spät dran"

BZ-Interview mit Andreas Groß, MCTS-Geschäftsführer.

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Foto (Privat): Andreas Groß

Der Mittelalterbereich im Vogelpark Steinen geht auf das persönliche Engagement von MCTS-Geschäftsführer Andreas Groß zurück. BZ-Redakteur Robert Bergmann hat mit Groß über die drohende Pleite gesprochen.

BZ: Dem erst im Frühjahr gestartete Mittelalter-Projekt scheint schon im Herbst die Luft auszugehen. Wie geht es Ihnen, als Vater des Projektes, damit?
Groß: Ganz ehrlich, es geht mir richtig schlecht. Das Projekt ist schließlich meine Herzensangelegenheit, in die ich persönlich und finanziell jede Menge investiert habe. Das Konzept ist, auch wenn wir gerade in die Insolvenz gegangen sind, nach wie vor gut. Wer uns hier erleben durfte, war begeistert. Da tut es natürlich weh, sich vorzustellen, dass das Ganze jetzt den Bach hinunter gehen soll.

BZ: Dennoch sieht es doch wohl so aus, dass sich der Mittelalterbereich in der bisherigen Form nicht weiterführen lässt. Welche Fehler sind gemacht worden?
Groß: Ich kann nur jedem raten, der ein ähnliches Projekt auf die Beine stellen möchte, sich nicht so sehr auf das gesprochene Wort zu verlassen. Man sollte vor Abschluss eines Pachtvertrags genau prüfen, welche Genehmigungen tatsächlich vorliegen und auch ein Gutachten einholen, ob das Gelände tatsächlich so nutzbar ist, wie es gesagt wurde.

BZ: Sie sprechen auf die fehlende Baugenehmigung an, die im Frühjahr für Schlagzeilen sorgte. Das Gryffetal wurde fertig gebaut und sogar eröffnet, obwohl der rote Punkt vom Landratsamt noch gar nicht vorlag. War das Ihr Fehler oder der des Parkeigners?
Groß: Dadurch, dass mir nichts Schriftliches vorliegt, war es leider unser Versagen. Wir haben uns bei der Unterzeichnung des Vertrags wohl allzu gutgläubig darauf verlassen, dass alle behördlichen Genehmigungen zur Umnutzung des Vogelpark-Areals eingeholt wurden. Das aber war, wie sich allzu spät heraus stellte, nicht der Fall. Weil wir zuletzt auch noch ein Lärmschutzgutachten nachweisen mussten, hat sich die offizielle Genehmigung für unsere geldbringenden Aktivitäten wie Seminare und Ähnliches um Wochen verzögert. Und deshalb stehen wir jetzt vor dieser ernsten Situation.

BZ: Gab es es da nicht auch noch weitere Probleme, die eher in der Zusammenarbeit mit dem Park liegen? Uns ist zum Beispiel aufgefallen dass der Mittelalterbereich keinen separaten Eingang hat?
Groß: Mit einem eigenen Eingang wäre für uns manches wohl tatsächlich etwas besser gelaufen. Es gab Besucher, die sich darüber beklagten, dass sie für den Vogelpark bezahlen sollten, obwohl sie beispielsweise zu unserem Mittelaltermarkt wollten. Und bei den Marktständen wurde das Geld dann nicht mehr ausgegeben, was prompt auch noch die Händler verärgert hat. Aber letztlich ist das auch wieder unser Fehler, dass wir nicht auf eine entsprechende Regelung gepocht haben.

BZ: Was können Sie denn jetzt noch tun, um die Schließung zu verhindern?
Groß: Dadurch, dass die Saison zu Ende ist, kämen wir nur mit Hilfe eines Investors durch den Winter, der bereit wäre, das Konzept oder wenigstens Teile davon zu übernehmen. Wenn jetzt April wäre, könnten wir zum Beispiel Unternehmen noch unsere Seminare anbieten und damit Geld verdienen. Aber wir sind einfach zu spät dran.
(Quelle: Badische Zeitung)
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Norbert von Thule
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Re: Aufstieg und Untergang der Gryffeburg

Beitrag von Norbert von Thule »

Nachwort (heute):
Robert Bergmann hat geschrieben:
Wie Phoenix aus der Mittelalter-Asche

Der Vogelpark Steinen hat sich von der Gryffetal-Pleite vor zwei Jahren erholt / Deutlich mehr Info-Gehalt im Park / Die Flugshow bleibt ein Dauerbrenner.

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Infos und Unterhaltung: Neu sortiert hat sich der Vogelpark Steinen, nachdem das Experiment eines eigenständigen Mittelalter-Bereichs auf dem weitläufigen Areal gescheitert ist. Im ehemaligen Tropenhaus gibt es jetzt viele Informationen über die Vogel- und Tierwelt (Foto: Robert Bergmann)

Sonnenschein zur Saisoneröffnung und jede Menge Nachwuchs nach einem ungewöhnlich milden Winter: Die Stimmung im Vogelpark Steinen ist hervorragend in diesem Jahr. In weite Ferne gerückt erscheint die große Gryffetal-Pleite vor mehr als zwei Jahren. Die damals in den Park gerissenen Lücken sind wieder gefüllt, der Vogelpark wirkt informativer, regional geerdeter und so ansprechend wie schon lange nicht mehr.
Wir sind zum Park-Rundgang verabredet mit Falknerin Andrea Knoll an diesem herrlichen Frühlingstag mitten in der Woche. Der Parkplatz an der Landstraße ist noch leer, erst um elf Uhr beginnt die nächste Flugshow ”“ nach wie vor die Hauptattraktion des Vogelparks. Rund um das weiträumige Areal blühen die Kirschbäume, die Vögel ”“ ob frei oder in den Käfigen ”“ zwitschern nach Herzenslust. Pünktlich erscheint die 34-jährige Brandenburgerin am Parkeingang.
Falknerin Andrea Knoll, die jetzt seit fünf Jahren im Vogelpark arbeitet und dort mittlerweile auch als stellvertretende Parkleiterin Verantwortung übernimmt, führt den Besuch auf direktem Weg in die einstige Tropenhalle, die 2011 im Herzen des großflächigen Mittelalter-Areals lag und damals zur Verkaufsstätte der Ritterfreunde umfunktioniert wurde. Hier ist der Wandel des Parks am offenkundigsten: "Vogelkundehaus" prangt über dem Eingang des schindelgedeckten Gebäudes. Im Innern wird anhand von großen Infotafeln die Tier- und die Vogelwelt erklärt. In den hellen, verglasten Schaukästen liegen Eier in unterschiedlichen Größen aus, ausgestopfte Greifvögel und piepsende Küken sind zu entdecken, warmes Licht und viel Holz prägen den informativen Raum.
Die heutige Nutzung der Tropenhalle sei in gewisser Weise aus der Not geboren, erklärt Andrea Knoll. Nach dem pleitebedingten Auszug der Gryffetäler habe man schnell eine Lösung finden müssen, damit Parkbesucher nicht auf halber Strecke plötzlich vor einem Nichts aus ungenutzten Räumen stehen. So habe man die damals in den Randbereichen des Parks bereits vorhandenen Ausstellungen zusammengefasst und sie schließlich im neuen Vogelkundehaus in ansprechender Form konzentriert. "Das war eine ziemliche Nacht- und Nebelaktion", sagt Andrea Knoll lachend. Auch außerhalb der einstigen Tropenhalle fällt auf, dass der Park inzwischen ein deutlich größeres Gewicht auf die Information der Besucher zu legen scheint. Da ist ”“ ebenfalls auf dem früherem Gryffetal-Terrain ”“ der neue Nistkastenlehrpfad mit Leihgaben einer Firma aus Norddeutschland. Gleich daneben wurde der frühere Baumlehrpfad wiederbelebt und schon am Parkeingang werben große Tafeln beim jungen Schulpublikum für die Baum- und für eine Greifvogel-Rallye mit dem Slogan "Spielend lernen im Vogelpark". "Es gibt auch Menschen, die kommen zu uns vor allem wegen der Informationen, die wir hier bieten", sagt Andrea Knoll. Diesem Kreis könne man inzwischen einiges mehr bieten, als noch vor wenigen Jahren. Nicht zuletzt freut sich Knoll auch über die jungen Forscherinnen aus Lörrach und Steinen, die kürzlich im Rahmen von "Jugend forscht" untersucht haben, wie hoch der Druck ist, den Greifvögel mit ihren Krallen entwickeln können. Apropos Greifvögel. Die regelmäßigen Shows mit Falken, Eulen und Geiern sind natürlich nach wie vor ein Herzstück im Vogelpark. Falkner und Parkleiter Gisbert Kasten Junior hat an diesem Morgen nur eine kleine Gruppe vor sich sitzen. Lebendig und mit flotten Sprüchen erläutert Kasten den Gästen die Eigenarten von Schleiereule, Wüstenfalke und Gänsegeier, während die Vögel fröhlich durch die Zuschauerreihen düsen. Wer ihm zuschaut, wie er den jungen Kappengeier "Käppi" hegt und pflegt, weiß, dass hier einer seine Berufung gefunden hat.
"Die meisten Menschen sehen die Entwicklung des Vogelparks sehr positiv", erzählt Andrea Knoll bei unserem Rundgang, der schließlich an den Verpflegungsstationen im oberen Bereich des Vogelparks enden wird. Am Gasthaus erinnert nach wie vor das Schild "Taverne" an die früheren Betreiber. Unten fällt der Blick auf die frisch eingerichtete Bobbycar-Bahn, oben ist die reaktivierte Wassertretstelle zu erkennen.
Ist eigentlich bei dieser Vielfalt an Angeboten der Name Vogelpark für das gesamte Park-Gebilde noch gerechtfertigt? Schließlich haben die Parkbetreiber aus Mittelalter-Zeiten nicht nur alte Schilder, sondern auch die deutlich erhöhte Artenvielfalt beibehalten. Da findet sich am Wegrand ein neues Zwergkaninchen-Gehege, in dem schwarze und weiße Mini-Langohren hoppeln, da sind Zwergziegen, Affen und Kängurus. "Es geht uns darum Abwechslung zu schaffen", erläutert Andrea Knoll. Vor allem kleine Kinder bräuchten immer wieder einmal einen neuen Impuls, um sich nicht zu langweilen und dann den Eltern auf die Nerven zu gehen.
Der Schwerpunkt des Parks liege aber nach wie vor auf der Präsentation der großen bunten Vogelwelt in einer möglichst großen Vielfalt. Knoll erinnert daran, wie viele Vögel der aufmerksame Besucher unter den 600 im Park vertretenen Tierarten entdecken kann: Dazu zählen etwa die Aras, Kronenkraniche, die Weißstörche und ein ganzes Haus voller herumflatternder Wellensittiche. Wird also der Park auch ohne Ritterspiele oder sonstige vogelfreie Showeinlagen die nächsten Jahre überleben?
Davon ist Andrea Knoll überzeugt, auch wenn sie darauf verweist, dass der Unterhalt eines 100 000 Quadratmeter großen Areals ohne Staatsgelder aufwändig ist und alles Geld fürs Personal und für die regelmäßig anfallenden Reparaturen an Zäunen, Käfigen und Außenanlagen in nur neun Monaten erwirtschaftet sein will. "Besuchermäßig läuft es wieder sehr gut", erklärt Andrea Knoll.
Und der Ruf des Parks habe sich mittlerweile bis in den Nahen Osten herum gesprochen. Immer wieder komme eine Busladung voller Israelis im Park vorgefahren. Knoll: "Die sind ganz begeistert von der Falknerei".
Montrose
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Re: Aufstieg und Untergang der Gryffeburg

Beitrag von Montrose »

Anscheinend gucken die Leute lieber einen Weißstorch als einen komischen Kauz mit Marilyn-Manson-Kontaktlinsen und Hackebeilchen an.
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Norbert von Thule
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Re: Aufstieg und Untergang der Gryffeburg

Beitrag von Norbert von Thule »

Auch ich sehe mit Besorgnis die sich anbahnende Trendwende von der Mediavistik zur Ornitologie:)
(wie sie sich deutlich in Satzvey abzeichnet, vergleicht man Ostern 2004 mit 2014)

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