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Also Wikipedia.
Wikipedia hat geschrieben:Nach dem Tod des Ödipus vereinbaren dessen Söhne Polyneikes und Eteokles, vor allem nach Versionen athenischer Dramatiker, sich die Macht in Theben zu teilen, indem sie abwechselnd regieren. Nachdem sein Bruder nicht bereit ist, vereinbarungsgemäß die Herrschaft an Polyneikes zu übergeben, sammelt dieser in Argos ein Heer und zieht gegen das „siebentorige“ Theben.
Eteokles bricht einen Bund. Daraufhin zieht ihn Polyneikes zur Rechenschaft.
Als Polyneikes stirbt, verbietet der König demjenigen, der eigentlich das Recht (des Bundes) wahren wollte, die Bestattung.
Der Gute wird zum Bösen.
Antigone merkt, dass der Böse in Wirklichkeit der Gute ist, und bestattet ihn. Indem sie das falsche Gesetz des Königs bricht, setzt sie das richtige Gesetz wieder in kraft.
Das ist wie in der Mathematik (-1) x (-1) ergibt +1.
Wikipedia hat geschrieben:Kreon erkennt, dass die Verantwortung bei ihm und die Schuld in seiner Hybris liegt.
Nämlich sich über das Gesetz gestellt zu haben. Sag ich doch! Nicht Antigone hat sich über das Gesetz erhoben, sondern der König.
Wikipedia hat geschrieben: Doch Antigone stellt ihr eigenes Gewissen über das Gesetz und glaubt, den Göttern mehr gehorchen zu müssen als den Menschen.
Diese Schlussfolgerung in Wikipedia stimmt nicht. Antigone ist keine Protagonistin des Individualismus, sondern sie verkörpert einen kollektiven Rechtschaffenheitsbegriff - mit dem sich das Publikum identifiziert. Genau dadurch entsteht die trauernde Katharsis der Tragödie.
Auch die im Internet gegebene Interpretation, Antigone habe die Auflehnung des Einzelnen gegen den Staat zum Thema, darf man hinterfragen, denn der König vertritt nicht den Staat. Antigone taugt nicht als Revolutionärin, weil sie sich nicht gegen Herrschaft an sich, sondern nur gegen falsche Herrschaft auflehnt. Dass der Mächtige per se Recht habe, wogegen man sich auflehnen müsse, ist ein Gedanke der Neuzeit (Absolutismus/Französische Revolution). Gerade die Griechen verstanden sich nicht in umstürzlerischer Gegnerschaft zum Staat --- sondern sie verstanden sich selbst als Staat.
irgendwo im Internet hat geschrieben:Sophokles hat sein Stück Antigone als Reaktion auf die Verbannung des Themistokles, des Helden der Seeschlacht von Salamis, aus Athen verfasst. In seinem Werk behandelt Sophokles das moralisch gerechtfertigte Aufbegehren gegen staatliche Ordnung bzw. Gewalt bei Strafe des eigenen Unterganges.
sowie der Vorwurf, dem Spartaner Leonidas I. bei der Verteidigung der Thermopylen keine Hilfe zukommen gelassen zu haben, und die vorgeblich unnötige Preisgabe Athens an die Perser vor der Schlacht von Salamis führten dazu, dass er [Themistokles] um 471 v. Chr. durch das Scherbengericht aus Athen verbannt wurde
Verbannung durch das Scherbengericht --- ein demokratischer Akt. "Moralisch gerechtfertigtes Aufbegehren gegen die staatliche Ordnung" ???
Hä????? Der echte Themistokles unterwarf sich dem Spruch und nahm sich lieber das Leben, als dass er sich an seinen Landsleuten gerächt hätte (kann man alles im Internet nachlesen). Historisch ist etwas völlig anderes passiert als was man hier Sophokles/Themistokles andichtet. Nix mit "Moralisch gerechtfertigtes Aufbegehren gegen die staatliche Ordnung" .... das ist ja totaler Quatsch.
Und worin besteht die Parallele zwischen diesem (fiktiven) Themistokles und Antigone??? Vielleicht gibt es die. Ich habe jetzt weder Zeit noch Lust, das genauer zu untersuchen. Aber aus einem Admiral ein kleines Mädel zu machen, das seinen Bruder beerdigen muss, das wäre schon ein bisschen sehr kitschige Propaganda. Genauso, wenn das Mädel den Admiral ehrenhaft beerdigen müsste, weil es sonst keiner tut. Eine merkwürdige Vorstellung. Wenn das die Ansichten eines Sophokles wären, dann würde er heute auf RTL II in irgendeiner Soap mitspielen.
Was soll das im Zusammenhang mit Klimaschutz bedeuten? Ich habe keine Ahnung! Dass in dem Stück die Menschheit untergeht und die Maden überleben, ist so eine Art Deus ex Machina ..... wenn ein Stück in der Sackgasse steckt, dann passiert etwas Wunderhaftes, damit es irgendwie weitergeht. Und hier muss es denn gleich der Untergang der Menschheit sein, weil ansonsten Much ado about nothing (Shakespeare: Viel Lärm um nichts)?
Ich würde mir mehr ALTE Theaterstücke wünschen, die einfach bei der Originalfassung bleiben. Text und Kostümierung. ---Immerhin, das ist bei dem obigen Stück erfüllt, dass die wenigstens halbwegs wie Griechen ausschauen. Es ist wie beim Whiskey: wenn er aus dem Fass kommt, ist er am besten. Tut man Wasser dazu, wird er schwächer. Meine Güte, was war das, als beim Woyzeck im Stuttgarter Staatstheater der Offizier nackt auf der Bühne stand. Musste das sein? Warum ein ALTES Stück nicht einfach mal so runterspielen wie es geschrieben wurde. Oder Richard III., wiederum in Stuttgart, wo Fürsten und Könige in irgendwelchen Klamotten rumhopsten, die so gar nicht imstande waren, in eine andere Zeit zu verführen.
Der Historiker verstünde, was ich gerade mache. Es ist der Versuch, Vergangenheit zu uns sprechen zu lassen anstatt "Vergangenheit" zu benutzen, um aktuelle Sichtweisen zu rechtfertigen - und dadurch nichts hinzuzulernen. Mein großes Hassobjekt ist immer noch der "Gladiator" mit Russel Crowe. Da wurde eine Geschichte über den Kaiser Commodus, der angeblich seinen Vater ermordet und seine Schwester missbraucht hat, erfunden, um eine alberne Rachegeschichte zu konstruieren. Aber historisch ist es niemals so passiert. Es stimmt einfach nicht. Und genauso kann man nicht einfach Antigone als Individualistin oder Ödipus - wie in der Psychoanalyse - als Vater-Bekämpfer darstellen. Das ist nicht das, was die antiken Quellen tatsächlich berichten.